Optisch berührungsloses Messen von Weg und Geschwindigkeit

S21 und die Parteien

Dr. Burghard Korneffel

S21 und die Parteien

Ein neu konzeptioniertes Schienennetz könnte dem Großraum Stuttgart enorme Vorteile bringen. Warum protestiert dann ein großer Teil der Stuttgarter Bürger gegen S21? Für etliche Politiker war bis zur Landtagswahl 2011 die Frage sofort beantwortet: Ewiggestrige, Wutbürger, Halbhöhenrentner usw. Auf die Idee, das Projekt S21 überzeuge nicht, vor allem nicht jene Bürger, die sich der Mühe unterzogen, die technische Basis von S21 zu ergründen, kam keiner der Regierenden. Nach der Wahl hat sich einiges im Umgang mit dem Bürger gebessert, aber nicht alles. O.k., gut Ding will haben gut Weile. Doch wieder liebäugelt man mit dem bequemen Weg, sich hinter irgendwelchen Beschlüssen aus alter Zeit zu verstecken. S21 ist für die Politiker ein hartes Brot. Doch wer ist schuld daran? Wer hat S21 als politische Spielwiese erschlossen, auf der man dem Kontrahenten so richtig ans Leder gehen kann? Auf der man in trauter Runde politische Süppchen kochen kann?

Die tiefen Gräben in Stuttgart lassen sich nur zuschütten, wenn man die übergroße Mehrheit der Bürger vom Projekt überzeugt. Mehr noch, wenn man sie regelrecht für das neu zu Schaffende begeistert! Mit dem technisch veralteten und mit eklatanten Mängeln versehenen Projekt S21 gelingt das nicht. Die Stuttgarter Bürger würden auch dem Abriss des Kopfbahnhofes zustimmen, der fast 100 Jahre hervorragend funktioniert hat, wenn ein neues Projekt überwältigende Vorteile für die Bürger und ihre Stadt brächte.

Was tat man, um die Situation in den Griff zu bekommen? Richtig, eine Volksabstimmung! Doch bei der ging es um Finanzpolitik. Die Frage war verklausuliert, und die meisten verstanden sie nicht. Aus dem Ergebnis dieser Abstimmung eine demokratische Entscheidung zum Thema Bahnhofsneubau in Stuttgart ableiten zu wollen, kommt dem Lesen von Kaffeesatz gleich. Außerdem, wie können die Menschen im Lande fernab von Stuttgart entscheiden, welche technische Lösung für den Stuttgarter Bahnverkehr die beste ist?

Der Mittlere Schlossgarten, ein Kleinod Stuttgarts, wurde den Bürgern weggenommen und am 15. Februar 2012 unter dem Schutz von 16.000 Bereitschaftspolizisten brachial gerodet. Die einstige Oase mitten im Zentrum ist seitdem eine streng abgeschottete Brache. Mit der rücksichtslosen Zerstörung des Mittleren Schlossgartens wurde in Stuttgart eine rote Linie überschritten.

Aus der von Frau Merkel dominierten CDU kommt der dumpf-tumbe Ruf „Weiterbauen“. Keine Änderungen, keine Verbesserungen, kein Berücksichtigen technischen Fortschritts. Man will das Uraltprojekt stur in Basta-Manier durchziehen. Fortschritt ist das Ergebnis eines ständigen Wettstreits der Ideen. Der wirklich konservative Bürger setzt auf die Erkenntnisse von Wissenschaft und modernster Technologie. Warum sollte er den Kandidaten einer Partei wählen, die von Pfarrern einer Ethikkommission entscheiden lässt, in welche Richtung die technologische Entwicklung gehen darf? Eine Partei, in der man in Gefahr gerät, mit innovativen Ideen zum Ketzer zu werden? Die Merkel-CDU schreitet geistig ins Mittelalter zurück und der konservative Bürger ist ratlos. Wen soll er wählen? Die CDU ist doch eigentlich seine Partei!

Der konservative Bürger verabscheut den Mainstream, in dem schrille Gestalten Patentrezepte verbreiten, denen allesamt der Tiefgang fehlt. Frau Merkel versucht, im Mainstream nach Wählern zu fischen. Die CDU wurde von Merkel & Co auf Beliebigkeit getrimmt. AgitProp statt überzeugender Argumente! Die Wort-Hackstücke von Turners Wahlplakaten tun weh, wenn man Deutsch als Muttersprache erlernt hat. Ist dem von der CDU unterstützten Kandidaten der Terminkalender durcheinander geraten? Geht es am 21. Oktober um eine OB-Wahl oder um die Vermarktung von Dosenfutter?

Die CDU muss zu ihrer alten Stärke finden. Sie wird als konservative Kraft gebraucht. Wenn die Gesellschaft ausschließlich von ähnlich Gesinnten geführt wird, droht irgendwann die Stagnation. Vielleicht hilft der Verlust des OB-Amtes der CDU, erneut ihren Platz im Parteienspektrum zu finden. Bis jetzt, so hatte man den Eindruck, schien die CDU-Führung die Niederlage bei der Landtagswahl als Betriebsunfall abzutun. Eine Niederlage bei der OB-Wahl könnte die Regeneration der CDU beschleunigen.

Halten wir es mit einem polnischen Sprichwort: Es gibt nicht derart Schlechtes, dass es nicht wieder zu etwas Gutem führte.

 

© Dr. Burghard Korneffel

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14. Oktober 2012

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